07.07.2020

Es geht wieder los - Die Wernberger Werkstätten öffnen ihre Pforten

Gemäß der aktuellen Allgemeinverfügung des bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales (StMAS) wurde das Betretungsverbot für Beschäftigte, die in besonderen Wohnformen leben, zum 15.06.2020 aufgehoben. Nach einer turbulenten Zeit der Werkstattschließung beschlossen die Wernberger Werkstätten daraufhin eine schrittweise Wiedereröffnung ab dem 17.06.2020 vorzunehmen. 

Die Nachricht des bayerischen Staatsministeriums, die Werkstatt ab 18.03.20 für alle Beschäftigten zu schließen, kam kurzfristig und unerwartet. Binnen zwei Tagen mussten Werkstattbeschäftigte, Fachpersonal, Einrichtungsleiter*innen der Wohnheime, Betriebe der Außenarbeitsplätze, Eltern und Betreuer*innen darüber informiert werden, dass die Betreuung und Beschäftigung in der WfbM bis auf Weiteres nicht mehr stattfinden kann. Sowohl das Personal in den Wohnheimen als auch das Fachpersonal in der Werkstatt wurde dadurch vor unbekannte Herausforderungen gestellt. Die Schließung der Werkstatt brachte also nicht nur für die Werkstattbeschäftigten, sondern auch für das Fachpersonal, viel Ungewissheit und Verunsicherung mit sich.

In den ersten Tagen nach der Schließung stellte das gesamte Werkstattpersonal den Produktionsablauf der WfbM sicher. Druckluftkupplungen wurden zusammengesteckt, Geschirr ver- und Dekosand abgepackt. Doch durch die Auswirkungen von Corona wurden die Aufträge für die Werkstatt nach und nach weniger. Deshalb wurde mit der Zeit das Werkstattpersonal vermehrt in den Wohnhäusern eingesetzt. Durch die Verlegung des Personals in die Häuser konnte das Hauspersonal durch zusätzliche Mitarbeiter entlastet und der Kontakt zwischen Werkstattbeschäftigten und –personal konnte weiterhin gewährleistet werden.

Neben der Verlegung des Fachpersonals in die Wohnheime wurden auch einige Aufträge aus der Werkstatt in die Häuser verlagert. Dadurch konnte sichergestellt werden, dass die Kontakte zu den Firmen, die die Aufträge liefern, nicht verloren gehen. So wurden beispielsweise im Keller der Wohnhauses Hutanger Druckluftkupplungen für Firma Lüdecke zusammengesteckt, die Bewohner*innen des Hauses Waterloo steckten Stege und nähten Mundschutzmasken und im Haus Mertenberg wurden Aufträgt für Firma Kenametal abgearbeitet. 

Dank der Unterstützung des Werkstattpersonals in den Wohnhäusern konnten neben Produktionsaufträgen auch noch andere Arbeiten erledigt bzw. verwirklicht werden. Im Haus Hutanger konnten dadurch zum Beispiel Spaliere, Hochbeete, Pflanztröge zusammengeschraubt, ein Futterautomat für Eichhörnchen gebaut und Holzspiele angefertigt werden. Diese Aktivitäten wurden von den Bewohner*innen als willkommene Abwechslung und als Stück „Normalität“ zum Arbeitsalltag gesehen.

Unterdessen stellte das Team des Musik-Cafés B14 von 01.04. – 31.05.2020 die Verpflegung (Frühstück, Mittagessen, Abendessen) des Personals in den Wohnheimen Wernberg, Region Wernberg, Tannenschleife, Glaubendorf, Mertenberg sowie in der Verwaltung sicher. 

Da die Gesundheit der Werkstattbeschäftigten und des Personals für uns an erster Stelle standen und stehen, erarbeitete das verbleibende Personal in der Werkstatt währenddessen Maßnahmen und Umstrukturierungen, um das Risiko einer Infektion so gering wie möglich halten zu können und die Wiederaufnahme der Betreuung und Beschäftigung in den Wernberger Werkstätten unter Berücksichtigung krisenbedingter Veränderungen planbar und strukturiert umsetzen zu können. So wurde das Mobiliar in den Gruppenräumen und im Speisesaal so angeordnet, dass ein Mindestabstand von 1,5 Metern gewährleistet werden kann. Die Zuteilung der Gruppen wurde wohngruppen- bzw. transferbezogen geplant. Neue Pausenintervalle wurden festgelegt, Hygiene- und Schutzmaßnahmen aufgestellt und der Bustransfer umstrukturiert.

Die vielen Wochen der Umstrukturierung und Umsetzung des neuen Hygienerahmenplans stellten sich jedoch als nervenzehrende Zeit für das Fachpersonal heraus. Dringend benötigte Informationen bezüglich weiterer Verlängerung bzw. Lockerungen der Allgemeinverfügung trafen häufig sehr kurzfristig ein. Aufgrund des unvermittelten Informationsflusses wurden vom Fachpersonal viel Flexibilität und schnelle Reaktionen abverlangt. Geplante Maßnahmen mussten zum Teil mehrmals neu strukturiert, bereits routinierte Abläufe neu organisiert und schon in Umlauf gebrachte Informationen revidiert werden. Auch personelle Überlegungen in Hinblick auf mögliche Kurzarbeit, individuelle Urlaubsplanung und Einführung von Schichtbetrieb brachten Unsicherheiten im Team mit sich. Die mit der Werkstattschließung verbundenen Verunsicherungen über künftiges Vorgehen machten teilweise handlungsunfähig und führten zu Irritationen beim gesamten Fachpersonal. 

Nach und nach erreichten uns auch Nachrichten aus den Wohnheimen und von einigen Eltern, dass sich Ungeduld und Frustration bei vielen Beschäftigten breitmachten. Um die „persönlichen“ Berührungspunkte zu den Werkstattbeschäftigten während der Zeit der Schließung nicht zu verlieren und Ängste und Sorgen zu nehmen, wurden die externen Beschäftigten durch den Sozialdienst und die Wohnheimbewohner durch das Fachpersonal regelmäßig telefonisch kontaktiert. 

Um den sogenannten „Lagerkoller“ bei den Beschäftigten in den Wohnheimen zusätzlich zu verhindern, wurde während der Werkstattschließung in Zusammenarbeit mit der Marktgemeinde Wernberg ein kreatives Projekt mit den Wernberger Kindergärten und den Beschäftigten der Wernberger Werkstätten ins Leben gerufen. Denn auch bei den Kindern war durch die verlängerte Schließung der Kitas Langeweile vorprogrammiert. Die Idee war es, trotz räumlicher Trennung jedoch in gemeinschaftlicher Kooperation Vogelhäuschen zu gestalten. Die Bewohner*innen der Wohngruppen erhielten hierfür von der Werkstatt die Musterbaukästen (auf Maß gesägte und vorgebohrte Holzbretter, Schrauben, Schraubendreher, Dachpappe sowie Nägel) zugeschickt und montierten diese. Das erste fertiggestellte Vogelhäuschen war für den Verbleib im eigenen Garten bestimmt. Nach und nach wurden die restlichen fertigen Vogelhäuschen an die Kindertagesstätten und von dort aus an die Kinder verteilt. Die Kinder konnten nun ihrer Kreativität freien Lauf lassen und die Häuschen nach Belieben gestalten. Als Dankeschön erhielten sie von der Marktgemeinde einen Gutschein inkl. Begleitperson über einen Besuch im Wernberger Hallenbad. Das Projekt diente somit nicht nur als kreativer Zeitvertreib, sondern setzte ein Zeichen für Solidarität und Zusammenhalt. 

Für die Teilnehmer*innen der Berufsbildung wurde zusammen mit den Kostenträger der Berufsbildungsmaßnahme beschlossen, die berufliche Bildung während der Werkstattschließung anhand eines alternativen Durchführungskonzeptes weiterzuführen. Eine Unterbrechung der Berufsbildungsmaßnahme hätte ansonsten zur Folge gehabt, dass die „verlorene Zeit“ nachgeholt hätte werden müssen. Um diese Unterbrechung zu verhindern, wurden den Teilnehmer*innen regelmäßig Arbeitsunterlagen und entsprechende Arbeitsblätter zu bestimmten Lernthemen zugesandt. Die Aufgabe bestand darin, den Lernstoff zu erarbeiten und die zugehörigen Arbeitsblätter auszufüllen. Auch hierbei unterstützte der Sozialdienst die Beschäftigten durch telefonischen Kontakt. 

Ab dem 20.04.2020 durften externe Beschäftigte, welche auf ausgelagerten Arbeitsplätzen tätig waren, ihre Arbeit wiederaufnehmen. Damit auch in den Betrieben der Außenarbeitsplätze die Einhaltung der nötigen Hygienestandards möglichst sichergestellt werden konnte, wurde eine schriftliche Bestätigung des einzuhaltenden SARS-CoV2-Arbeitsschutzstandards seitens der Betriebsstätten eingeholt. Von den insgesamt 39 externen Beschäftigten waren seit 18.05.2020 wieder 18 Beschäftigte in der Werkstatt tätig. 

Mit der neuen Allgemeinverfügung wurde dann auch endlich das Betretungsverbot für Beschäftigte, die in besonderen Wohnformen leben, zum 15.06.2020 aufgehoben. Da die praktische Umsetzung der Neuerungen wie Organisation des Fahrdienstes, Zuteilung der Gruppen und des –personals, Verlagerung des eingesetzten Personals in den Häusern zurück in die Werkstatt etc. eine gewisse Zeit in Anspruch genommen hat, war eine schrittweise Wiederaufnahme von allen Beschäftigten ab Mittwoch, 17.06.2020, unausweichlich. Trotz veränderter Arbeitsabläufe, angepasster Pausenstruktur und neuer Gruppenzuteilung verlief die Wiederaufnahme der Betreuung und Beschäftigung in den Wernberger Werkstätten gut. Die Beschäftigten fanden sich rasch in den neuen Gruppenkonstellationen ein und auch die Umsetzung des Hygienekonzeptes (z.B. regelmäßige Händedesinfektion, Tragen eines Mundschutzes, Einhaltung des Mindestabstandes) funktionierte relativ problemlos.

Aktuell blicken wir zuversichtlich in die Zukunft und freuen uns, dass wir unseren Beschäftigten wieder nötige Strukturen bieten und Sicherheit vermitteln können. 

Ihr Team der Wernberger Werkstätten! 
 


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