Seit Mitte März sind die Wernberger Werkstätten geschlossen. Die Ungewissheit, wie es weiter geht, ist für alle groß. "Wir spüren die Unsicherheit bei unseren Beschäftigten", sagt Werkstattleiter Florian Dotzler. Weil die gewohnte Produktion stillstehe, sei unklar, was nach dem Lock-Down kommt. "Wir fragen uns natürlich, ob wir dann überhaupt wieder genügend Aufträge bekommen, wenn es wieder losgeht."
Ein Einfach-so-Weitermachen kann sich Dotzler nicht vorstellen. "Wir können nicht davon ausgehen, dass wir den Betrieb im Mai wieder komplett hochfahren können." Er glaubt eher , dass die Türen bis Mitte Mai ganz geschlossen bleiben. 180 Mitarbeiter auf einmal im regulären Betrieb, das wird auch dann aufgrund der Corona-Schutzbestimmungen unmöglich sein. Unklar ist laut Dotzler auch, wie es mit der Lohnfortzahlung aussieht. "Eine gewisse Zeit lang können wir das mit unseren Rücklagen überbrücken", erklärt er. Laut ihm ist jetzt auch die Politik gefragt. Die Werkstätten müssten von einem Rettungsschirm profitieren können. "Die Politik muss die Werkstätten unterstützen, damit auch sie gesund durch diese Krise kommen."
Dotzler bekommt mit, dass seine Beschäftigten unter der Situation leiden. "Immer wieder rufen sie an und fragen, wann sie endlich wieder kommen dürfen." Große Ängste um die Zukunft fallen damit zusammen, dass die Beschäftigten aus ihrem gewohnten Alltag gerissen werden. Es sei Kreativität gefragt.
"Den Leuten fällt die Decke auf den Kopf. Ihnen fehlen Arbeit, Struktur , eine sinnhafte Tätigkeit und das Gefühl, gebraucht zu werden", so Dotzler. Um gegenzusteuern, verlagert die Werkstatt kleine Aufträge samt pädagogischem Personal in die Wohnheime. Zwei Welten, die aufeinander treffen, sich Dotzler zufolge aber gut miteinander vereinen lassen. Mit dem herkömmlichen Betrieb lässt sich das allerdings nicht vergleichen. "Das hat nichts mit großer Montage zu tun", sagt Dotzler .
Berufsbildungsmaßnahmen finden derzeit nur zu Hause statt. Weil manche der Betroffenen Schwierigkeiten beim E-Learning am PC haben, bekommen sie Material in gedruckter Form.
Um der Langeweile entgegen zu wirken, haben die Werkstätten ein Gemeinschaftsprojekt ins Leben gerufen. Daran beteiligen sich alle Wernberger Kindertagesstätten, die Dr.-Loew-Wohnheime und die Gemeinde Wernberg-Köblitz. Dabei haben die Werkstatt-Mitarbeiter ein Vogelhäuschen entworfen, das von den Bewohnern der Heime zusammengebaut und an die einzelnen Kindertagesstätten ausgeliefert wird. Dotzler: "Eine willkommene Abwechslung für die Bewohner." Jedes Kindergartenkind soll ein Vogelhäuschen bekommen, das es anmalen, gestalten und im Garten aufstellen kann. Wenn ein Kind ein Bild seines Vogelhäuschens an die Werkstätten schickt, bekommt es obendrein einen Hallenbad-Gutschein für sich und einen Elternteil.
Cafés müssen geschlossen bleiben. Dennoch herrscht im Musik- Café-B14 Hochbetrieb. Gäste können ihr Essen von Mittwoch bis Sonntag zum Abholen bestellen, die Köche bereiten ihre Gerichte aber insbesondere auch für die Mitarbeiter in Wohn- und Pflegeheimen vor. Hintergrund ist, dass der Freistaat Bayern seit dem ersten April die Kosten für Essen und Trinken der Pfleger in Krankenhäusern, Altenheimen, aber auch Behinderteneinrichtungen übernommen hat.
Das logistisch umzusetzen, ist laut Dotzler nicht gerade einfach. Schließlich habe die Ausnahmesituation wegen des Virus aber auch einen Vorteil, weil es das Personal noch mehr als ohnehin schon zusammenschweiße. "Jeder stellt seine persönlichen Bedürfnisse erstmal zurück und gibt zum Wohl der Gemeinschaft sein Bestes - gerade jetzt ist der Zusammenhalt besonders wichtig."
Quelle: Onetz, 28.04.2020